R E C H E N M A S C H I N E N    

DAS  ZEITALTER  DER  INDUSTRIELLEN  FERTIGUNG  VON   MECHANISCHEN   RECHENMASCHINEN
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                                   V O R T R A G
                     zum » Vintage Computing Festival Berlin «
                    im TECHNIK MUSEUM BERLIN am 12.+13.Okt.2019
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In den Anfängen waren Rechenmaschinen Einzelstücke, kunstvolle "Kuriositäten",
Geschenke für Kaiser und Könige zum Vergnügen ihres Hofstaats. Z.B. schenkte
Blaise Pascal eine seiner ersten Maschinen um 1650 der Königin von Schweden. Er
baute seine (+/-) "PASCALINE" um die Arbeit seines Vaters, der Steuereinnehmer
war, zu erleichtern. Um 1670 stellte Gottfried Wilhelm Leibniz seine STAFFELWALZE
Rechenmaschine mit beweglichem Rechenwerk vor, die somit auch Multiplikation und
Division ermöglichte.

Mit Beginn der Industrialisierung wuchs der Bedarf an Rechenmaschinen in Industrie,
Verwaltung und Versicherungswesen. 1828 begann die Serienproduktion einer Staffel-
walzen-Maschine durch Charles Xaver Thomas in Colmar. Noch lange wurden Rechner
nach diesem Prinzip gefertigt, z.B. die »T.I.M.« (= "Time-Is-Money") in Berlin von
Fa.Spitz; siehe  Bilder der Restauration ...

Eine weitere, historisch bedeutende Rechenmaschine ist die ( 40 kg schwere !)
»MILLIONAIRE« von 1900 der Fa.Egli/Zürich. Sie konnte ( mittels "1x1-Körper" )
multiplizieren mit nur einer Kurbel-Umdrehung!

1872 patentierte Frank S. Baldwin in den USA das SPROSSENRAD - die gleiche Idee
in Europa hatte 1872 der Schwede Willgodt T. Odhner. In St.Petersburg/Russland
war er für die Fa. Nobel tätig. Mit diesen Rechenmaschinen konnte man addieren,
subtrahieren, multiplizieren und dividieren. Sie waren kleiner, leichter und
billiger als die Staffelwalzen-Maschinen und damit wurde deren weite Verbreitung
beschleunigt. Ein wesentliches Element von Odhner's Erfindung war auch die zeit-
liche Aufspaltung des 10er-ÜBERTRAG, die eine Addition von 9999999 + 1 ohne
Reibungs-Probleme ermöglichte. 1892 lizensierte Odhner Patent-Rechte an die
Nähmaschinenfabrik GRIMME, NATALIS & CO. in Braunschweig, die später unter dem
Namen »BRUNSVIGA« berühmt wurde.  Odhner produzierte seine Rechner bis 1917.
Nach der "Oktober-Revolution" enteignet, ging er nach Göteborg/Schweden und
fertigte dort seine »ORIGINAL-ODHNER«. In Russland wurde seine Fabrik von St.
Petersburg nach Moskau verlagert. Die Leitung erhielt Feliks Dzerzhinsky, gleich-
zeitig auch Chef des KGB. Die »ODHNER« Rechenmaschinen wurden nun unter dem Namen
»FELIKS« vertrieben.

In den aufblühenden  Rechenmaschinen-Markt  kamen weitere  Mitbewerber,  die
Sprossenrad-Maschinen nach dem Odhner-Prinzip produzierten, z.B. FACIT, SCHUBERT,
THALES, TRIUMPHATOR, WALTHER.  Zahlreiche Verbesserungen wurden ersonnen.  Zu
Beginn arbeiteten die  UMDREHUNGSZÄHLER  ohne 10er-Übertrag.  TRIUMPHATOR war
die erste Firma, die Zähler mit 10er-Übertrag auf den Markt brachte, was die
sogenannte "Abgekürzte Multiplikation" erlaubte. Um z.B. 89*89 zu multiplizieren
sind statt 17 nur 3 Kurbel-Umdrehungen nötig: Eine positive in der 100er Stelle,
eine negative in der 10er Stelle und eine weitere negative in der 1er Stelle! Die
Eingabe zeigt  89  - der Zähler zeigt  89  und das Ergebnis  89*89 = 7921.  Eine
nützliche Erweiterung war auch "Rück-Übertragung" (= "Back-Transfer") für
fortgesetztes Multiplizieren  o h n e  Neueingabe des Zwischen-Ergebnis.  z.B.
89 * 89 = 7921  ===(BT)==>>>  7921 * 2 = 158442.

Besonderheit der FACIT Maschinen: Hier werden die Sprossen-Räder seriell zur
Arithmetik-Einheit geschoben; wobei ein Sprossen-Rad aus einem 5er-Zahn und vier
variablen Sprossen zusammengesetzt wird - das erklärt auch die ungewöhnliche
Tasten-Anordnung.

Eigene Wege ging der geniale Erfinder  Christel Hamann  aus Berlin. Sein 1910
patentiertes PROPORTIONAL-HEBEL Prinzip war für Motor-Betrieb bestens geeignet.
Es wurde von der Büromaschinenfabrik MERCEDES erfolgreich vertrieben. 1925
patentierte er sein SCHALTKLINKE Prinzip.  Diese Rechner ( im Aussehen ähnlich
zu den Odhner Maschinen )  wurden unter seinem Namen und seiner Leitung von der
DEUTSCHE TELEPHONWERKE & KABELINDUSTRIE ( = DeTeWe ) in Berlin hergestellt. Die
manuelle HAMANN-MANUS, wie auch die motorisierte MERCEDES-EUKLID, hatten auto-
matisierte Division. Beeindruckend ist sein kleiner »AUTOMAT-S« mit eingebauten
"Hardware-Algorithmen" für Division und "Abgekürzte Multiplikation"!

In den USA erfand Frank S.Baldwin (der selbe !) zusammen mit Jay R.Monroe (1912)
eine weitere Rechenmechanik, die GETEILTE STAFFELWALZE. Mit ihren leichten Voll-
Tastatur Maschinen  eroberte die  Fa. MONROE  den Markt.  Interessant ist auch
hier die Mechanik des  10er-ÜBERTRAG.

Die Fa. MARCHANT in USA stellte anfangs "Pin-Wheel" Rechenmaschinen her. Odhner-
Patent-Streitigkeiten waren Anlass sich auf  "STELL-SEGMENT"  Rechenmaschinen
umzustellen.

4-Spezies-Maschinen sind z.B. für Ingenieur-Büros wichtig - aber DRUCKENDE
ADDIER-MASCHINEN sind für die Buchhaltung notwendig.  BURROUGHS und VICTOR in
den USA sowie OLYMPIA in Deutschland waren sehr erfolgreich in diesem Markt-
Segment. Neben "Voll"-Tastaturen wurde später als Eingabe der "10er-Block"
bevorzugt - der gleiche, den wir auch heute noch benutzen. Die Mechanik der
Umsetzung von  serieller Eingabe  zur  parallelen Verarbeitung  ist im Bild
10-BLOCK KEYBOARD  erklärt.

Ganz anders ist der Schnell-Addierer  COMPTOMETER  aufgebaut,  der 1885  von
Dorr E. Felt erfunden wurde - unabhängig davon hatte  William S. Burroughs
die gleiche Idee.  Im Patentstreit siegte Felt - aber die Fa. BURROUGHS  wurde
der erfolgreichere Hersteller von Rechenmaschinen. Felt richtete Schulen für
weibliche "Operators" ein, was der Emanzipation diente: Banken, Versicherungen
und Gross-Betriebe hatten Rechner-Räume mit Dutzenden von Damen. Ein geübter
Operator gab die "9" als "4+5" ein, da schneller - Was zur folge hatte, dass
auch (kleinere + billigere) "Halbe"-COMPTOMETER auf den Markt kamen z.B. von
CONTEX u. TORPEDO.  B E S O N D E R H E I T :  COMPTOMETER koennen nur ADDIEREN!
SUBTRAKTION  muss als "9-Komplement-Addition" ausgeführt werden!  Z.B.:
55 - 22  ==>>>  55 + [ 22 - 1 ]*  =  55 + [ 00021 ]*  =  55 + 999...978  =  33

Eine der interessantesten Rechenmaschinen hat auch eine sehr interessante
Historie. Die  CURTA  ist der kleinste mechanische 4-Spezies-Rechner der Welt.
Curt Herzstark erdachte sie als Gefangener im Konzentrationslager Buchenwald.
Ihre Geschichte  ( mit hervorragenden Detail-Bildern der Mechanik )  wurde im
»Scientific American«  01/2004  von Cliff Stoll publiziert - die deutsche
Übersetzung ist im  »Spektrum der Wissenschaft«  04/2004  erschienen.  Die
CURTA arbeitet mit einem modifizierten  STAFFELWALZE  Prinzip. Sie war seiner-
zeit (1950) das Spitzenprodukt der Feinmechanik und ist heute ein begehrtes
Objekt für Sammler von Rechenmaschinen in aller Welt.

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Viel Freude beim Besuch des  » On-Line PRE-COMPUTER TECH-MUSEUM «

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"DANK!" an Dr. Michael Giehl, FU-Berlin / Klinikum  » Benjamin Franklin «:
In den Jahren 2000..2003 legte "Mikey" den Grundstein für diese "Hand-Code-HTML"-
HomePage.  Mein Start war unproblematisch durch seine freundschaftliche Hilfe. 

"THANK YOU!" auch an Nancy Shaw ( s. "5D-art.net" WebSite ). Sie fertigte die
»ChriNaTECH« -DIAGRAMME & -ANIMATIONEN, die zeigen, wie Rechenmaschinen arbeiten.

impressum:
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© C.HAMANN             http://public.BHT-Berlin.de/hamann              (*) 11/13/19